Jah, alle reden sie zur Zeit davon, und überall in den Nachrichten hört man es, man kann der weltbewegenden Meldung kaum entkommen. Sender wie Phoenix, N24 und N-TV widmen ganze Tage der Berichterstattung darüber, immer mehr Details werden offen gelegt und der interessierte Staatsbürger sitzt staunend mit offenem Mund und glasigem Blick da, während er zu verarbeiten versucht, was ihm da so eingeprügelt wird.

Ist schon wirklich ne große Sache, so ne Hochzeit eines Adelshauses, eines Personenkreises, der per Geburtsrecht irgendwie was Besonders zu sein scheint.

Nein, war natürlich nur ein Witz.

Ich meinte selbstverständlich den DSDSD-Skandal um Fanpost, die einfach im Müll landet, err, um Beschuldigungen der Manipulation und Ausnutzung der Kandidaten (O RLY?!)… oder…

Ach, fangen wir nochmal an.

Also. Osama Bin Laden.

Krasse Sache, das. Wow. Ich bin überwältigt.
Beflügelt.
Voller Hoffnung bin ich.
Voll zittriger Erwartung eines besseren, friedlicheren Morgens.

Wie gerne wäre ich da auch im Situation Room des Weißen Hauses gesessen, neben Obama und all den anderen Terroristen Politikern, und hätte mir per Satellitenübertragung den Einsatz und die Ermordung Bin Ladens persönlich reingezogen.
Mit nem großen Eimer Popcorn, einer eiskalten Cola, so ein richtiger Actionkracher der alten Schule, den man sich mit guten Freunden reinzieht, wo die Statisten im Sekundentakt krepieren.
Schönes Trinkspiel dazu: Immer, wenn amerikanische Soldaten einen Unbewaffneten erschießen, müsst ihr nen Kurzen wegkippen.

DAS ist live, Leute! Qualitätsfernsehen vom Feinsten!

Danach ein bisschen Party, sich ein bisschen selbst beweihräuchern, dann die Meldung verkünden.
Und dann geht die Party ja erst richtig los. Zuhause, in den Büros, auf den Straßen. Jubelnde Menschen, Flaggen, Massenchöre, die immer wieder die berüchtigten drei Buchstaben in die Nacht hinausbrüllen.
America, fuck yeah.

Bildschnitt.
Vidoaufnahmen aus einem arabischen Dorf, Menschen auf der Straße, dieselben Flaggen, diesmal brennend, das zertrümmerte Wrack eines Militärfahrzeugs, Leute, die mit Knüppeln und dergleichen auf bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leichen von US-Soldaten einschlagen.
Jubel. Freude. Siegesgeschrei.

Es ist doch schön, zu sehen, dass wir trotz aller kulturellen Differenzen scheinbar doch nicht sooo verschieden sind.
Wenn’s hart auf hart kommt, sind wir scheinbar so oder so einfach alle pietätlose, barbarische, gefühllose Bastarde.

Und so freuen wir uns, freuen uns, dass dieser ganze Schwachsinn, den man „Krieg gegen den Terror“ nennt, scheinbar doch noch einen Sinn hatte. Dass all die Soldaten aus den verschiedensten Ländern der Welt, arme Schweine, die von rückgratlosen Arschlöchern in den Tod geschickt werden, all die Zivilisten, die irgendwie doch geschützt und gerettet, deren Leben doch irgendwie hätten verbessert und sicherer gemacht werden sollen, die aber dummerweise eben einfach im Weg waren, dass all diese Leute nicht so ganze ohne Sinn verreckt sind.
Und Nachrichtensender stellen Fragen wie „Osama Bin Laden tot – Ist das das Ende des Terrors?“
Nachrichtenkonsumenten dagegen bekommen dabei Lust, den Fernseher vom Dach zu werfen.

Wirklich?
Denkt irgendjemand, das wäre so einfach? Denkt irgendjemand, die bösen bösen Terroristen, die uns so sehr hassen – und die, abgesehen von lächerlichem religiösem Fanatismus, übrigens gar nicht mal die abwegigsten Gründe dafür haben – denken sich jetzt „Tjo, Mist, der Osama ist hinüber. Lassen wir’s lieber erstmal bleiben, mit dem Terror und so.“? Denkt irgendjemand, die hätten sich nicht möglicherweise zeitig mal mit der Frage beschäftigt, was sie machen oder wer seinen Platz einnimmt, wenn der freundliche bärtige alte Mann weg ist – wo doch die Hälfte der Welt hinter ihm her war und so?
Von dem Terror, den wir produzieren, mal ganz abgesehen. Werden wir aufhören? Was denkt ihr? Wie lange halten wir noch zwei Länder besetzt, die uns rein gar nichts getan haben und riskieren dabei weiterhin jeden Tag Verluste, sowohl an Soldaten als auch an Zivilisten?
Und was dann?
Wann brauchen wir den nächsten Sündenbock für irgendwas – oder wann geht diese interessante Sache mit den Rohstoffen wohl wieder los?

Davon mal abgesehen. Wann habt ihr eigentlich das letzte Mal, vor der Todesmeldung, in den Nachrichten was von Osamalein gehört? Vor Monaten, Jahren oder so? War ja ziemlich ruhig drum geworden, die Leute schienen es gerade irgendwie langsam zu vergessen. Und jetzt scheint es wieder, als wäre das alles erst gestern gewesen, all das Geschwafel um Terrorismus und internationale Sicherheit ist wieder da, und Obama kann sich feiern lassen, weil er was erreicht hat.
Weil am anderen Ende der Welt so ein Typ umgebracht wurde.
Dafür sind natürlich noch ne ganze Menge mehr andere Typen draufgegangen. Frauen auch. Zivilisten. Unschuldige. Kinder.
Da hat er wirklich was erreicht.

Ich halte mich an dieser Stelle mal fern von all den „Verschwörungstheorien und -szenarien“, die zu diesem Themenkomplex schon seit Jahren, und gerade jetzt wieder verstärkt, zirkulieren.
Solche Ideen wie, Osama sei schon seit Jahren tot und die ganze Sache nur inszeniert, ebenso wie die Ermordung vor einigen Tagen, womit die Grundlage für die Besetzung von Afghanistan wegfällt und man sich langsam mal von dort verziehen kann. Ist ja teuer das alles. Krieg und so. Auch finanziell. Und finanziell haben’s die USA gerade nicht so.
Gibt gar nicht mal wenige Indizien für dieses Szenario. Ich will es an dieser Stelle nicht als Tatsache vertreten, weil ich es am Ende eben doch einfach nicht wissen kann.
Ebenso habe ich allerdings jede Menge Zweifel an der offiziellen Version, und wer die Berichterstattung auch nur ein bisschen verfolgt hat, dem werden da ohnehin entsprechende Fragen in den Sinn kommen.
So oder so tendiere ich also dazu, dem Fall, wie er zur Zeit in den Massenmedien geschildert wird, wenig Glauben zu schenken.
Da scheinen mir sogar einige der Überlegungen, die man allgemein mit dem negativ behafteten und lächerlich wirkenden Begriff „Verschwörungstheorien“ abschmettert, damit irgendwie zusammen mit Ufo- und Elvis-Sichtungen in einen Topf wirft und jeder Glaubwürdigkeit beraubt, sehr viel stichhaltiger.

Aber nicht zuletzt ist es doch eine interessante Frage momentan… nicht, ob das hier den Terror beendet (Ahahaha…), nicht, ob man sich über den Tod eines solchen Mannes freuen „darf“… sondern, wo jetzt da groß der Unterschied ist, wenn ein Mann einen anderen aus welchen Gründen auch immer erschießt – Das nennen wir Mord. – , wenn Fanatiker US-Soldaten entführen und hinrichten – Das nennen wir Terrorismus. – oder bewaffnete Spezialeinheiten einen Unbewaffneten erschießen.

Das nennen wir den Sieg der Freiheit.

Einen Sieg in diesem ominösen Krieg gegen den Terror.

Schöne Name für etwas, das ich eigentlich am ehesten auch einfach nur als Terror bezeichnen würde.